Nach dem Schlusspfiff standen die Pfullinger Spieler auf dem Platz und schüttelten mit dem Kopf. Nicht, weil sie wie in den vergangenen Wochen viel zu oft eine Niederlage hätten einstecken müssen. Dieses Mal lag es daran, dass sie nach einem begeisternden Spiel nicht über ein 1:1-Unentschieden hinauskamen. „Das waren zwei verlorene Punkte, wir hatten zu klare Chancen“, stellte VfL-Trainer Yasin Yilmaz nach der Partie gegen seinen alten Arbeitgeber fest. Selbst Reutlingens Mittelfeldstratege Kevin Haussmann, der nach seinem Wechsel zu den Young Boys am Jahnhaus so schmerzlich vermisst wird, stellte fest: „Ich habe schon lange nicht mehr so frech einen Punkt mitgenommen.“
Die Ausgangslage war klar. Nach drei Siegen in Folge ging der Aufsteiger vom Ringelbach beim Tabellenletzten als Favorit ins Spiel. Und dieser Rolle wollten die Reutlinger gerecht werden. Nach ausgeglichener Anfangsphase verzeichnete der Gast ein deutliches Plus an Ballbesitz. Doch die hellwachen und gut eingestellten Gastgeber ließen wenig zu. Ein Abschluss von Thomas Diescher, der nach einem Pfullinger Ballverlust schnell umschaltete, strefte knapp am kurzen Pfosten vorbei (22.). Allmählich trauten sich die Yilmaz-Schützlinge vor 450 Zuschauern mehr zu. Und Kapitän Matthias Dünkel hatte nach einer halben Stunde die Riesenmöglichkeit zur Führung, kam allerdings völlig frei nicht an Gästeschlussmann Erik Rapp vorbei. Drei Minuten später war es Christian Locher, der besser auf Dünkel abgelegt als selbst den Abschluss gesucht hätte, doch sein Ball ging deutlich übers Tor. Nur kurz später jubelten die Pfullinger, doch Locher stand bei seinem Abschluss knapp im Abseits, der Pfiff kam zurecht. Noch vor der Pause scheiterte Aris Dragulin aus etwas spitzer Abschlussposition am Schlussmann. Mit Applaus für die Pfullinger ging es in die Halbzeitpause, wann hatte es das zuletzt gegeben.
Aus dieser kamen die Young Boys aufmerksamer. Denn nur drei Minuten nach Wiederanpfiff steht Marko Drljo am langen Pfosten völlig frei und schiebt zur Führung ein. Doch der VfL brach nun nicht ein, sondern antwortete mit wütenden Angriffen. Dragulin hätte per Kopf und kurz später mit dem Fuß den Ausgleich machen müssen, doch Rapp war zwei Mal sensationell zur Stelle. Ein Kopfball von Robin Hiller ging knapp drüber, bevor erneut Dragulin den souveränen Gästeschlussmann zu einer weiteren Glanztat zwang (64.). Eine Viertelstunde vor dem Ende wurden die Pfullinger Bemühungen endlich belohnt. Nach Vorlage von Timo Gutjahr drückte Locher den Ball aus kurzer Distanz über die Linie, der Jubel der Hausherren war groß. Die Nachbarn kamen nun wieder etwas besser ins Spiel, Christos Chatzimalousis´ Schlenzer verfehlte nur knapp sein Ziel. Doch hätte ein Gästesieg überhaupt nicht zum Spielverlauf gepasst. Die Tabellenlage des VfL hat sich nach diesem 1:1 nicht großartig verbessert, doch der zweite Punktgewinn innerhalb einer Woche gab den Pfullingern den Glauben an die eigene Ligatauglichkeit wieder.
Erik Rapp im Gästetor kommt hier vor VfL-Stürmer Robin Hiller an den Ball. Der YB-Schlussmann hatte alle Hände voll zu tun und war bester Gästespieler an diesem Nachmittag.